Mieses Geschäftsmodell für Fotografen

Blogger sind philantrope Menschen, die viel Zeit investieren, um anderen Menschen schwierige Themen näher zu bringen. So auch eine Bekannte von mir, die einen wirklich guten Blog zum Thema Gesundheit schreibt und nun aber eine kostenpflichtige Abmahnung von einem Anwalt erhalten hat.

Die Masche
Die Betroffene soll ca. 1.000 Euro bezahlen (600€ für den Fotografen, 400€ für den Anwalt), weil sie mit einem Foto eine Urheberrechtsverletzung begangen hat, obwohl dieses Bild von einer kostenlosen Bilddatenbank stammt. Durch einen simplen Copy und Paste Fehler hatte sie tatsächlich den falschen Fotografen als Bilddatenquelle genannt und genau darauf wurde gelauert.

Das Geschäftsmodell
Der Fotograf knipst ein paar hundert Fotos und veröffentlicht diese in möglichst vielen Online Bilddatenbank, wie z.B. Pixelio.de oder Iconfinder.com. Solche Bilddatenbanken sind sehr beliebt, da die Bilder sehr preiswert oder sogar kostenlos und vor allem legal für die private und teilweise auch für die kommerzielle Verwendung zur Verfügung stellen. Hierzu müssen die Nutzer (z.B. Blogger) den Fotografen und die Bilddatenbank ordnungsgemäß bei jeder Verwendung benennen.

Der Fotograf (bzw. dessen Anwalt) legt sich auf die Lauer und wartet nur darauf, dass jemand genau bei dieser Bildquellenangabe einen Fehler macht. Bei der Suche nach den "Übeltätern" wird er dabei auch noch von Google durch die "Suche nach ähnlichen Bildern" unterstützt. Hat man jemanden "erwischt", kann es sich für den Fotografen sogar lohnen noch mit der Abmahnung zu warten, da der Streitwert mit der Dauer der Verwendung steigt (siehe Stichwort "MfM-Tabelle").

Die Folgen
Es ist eine Art "Abmahnindustrie" entstanden, die wie im oben geschilderten Fall Blogger erschreckt und verärgert, welche dies aus meiner Sicht nicht in dieser Härte verdient haben. Außerdem bekommen die an sich guten kostenfreien Bilddatenbanken unverdient einen schlechten Ruf und werden von verängstigten Bloggern gemieden. Dadurch entgehen auch solchen Fotografen zahlreiche Chancen bekannter zu werden, die ihr Recht auf Namensnennung nicht gleich kostenpflichtig durch einen Anwalt einfordern. Alles in allem wird das Internet dadurch ärmer - meine Bekannte zum Beispiel verwendet nun gar keine fremden Bilder mehr in ihrem Blog.

Lohnt sich das?
Das Dumme für den Fotografen ist, dass diese Masche nicht so gut funktioniert, wie vielleicht zunächst angenommen. Zum einen werden Fotografen, die, ohne gütlichen Einigungsversuch sofort Abmahnungen verschicken, sehr schnell namentlich im Web veröffentlicht. Viele Blogger googeln nach dem Namen des Fotografen ("Vorname Nachname" Abmahnung) und unterlassen aus Prinzip eine Nutzung von dessen Bildern. In manchen Fällen kommt es sogar zu einem Shitstorm.
Zum anderen, kann man aus diversen Blogbeiträgen und Kommentaren im Internet ersehen, dass die erhofften Einnahmen durch sofortige Intervention mit Hilfe eines gegnerischen Anwalts oft vermieden oder zumindest vermindert werden können.
Aber auch der kostet natürlich Geld. Profitieren tun am Ende also in jedem Fall hauptsächlich die Anwälte.

Wenn man dann noch bedenkt, dass dies nicht gerade dem Ruf des so agierenden Fotografen zuträglich ist, handelt es sich wie der Titel schon sagt, um ein wirklich "Mieses Geschäftsmodell für Fotografen".

Noch ein paar allgemeine Tipps von einem juristischen Laien für Blogger, die von einer Abmahnung betroffen sind (dies ist ausdrücklich keine Rechtsberatung, besorgt euch daher professionellen Rat, wenn ihr betroffen seid):
  • Sucht im Internet nach dem Namen des Anwalts bzw. des Fotografen. Anderen ist es bestimmt ähnlich ergangen und ihr könnt wertvolle Informationen sammeln.
  • Wer nicht selbst einen Anwalt suchen möchte, kann sich auch an die gute alte Verbraucherzentrale wenden. Die dort tätigen Anwälte haben mit diesen Themen Übung und es werden teilweise pauschale Preise geboten (z.B. für 80  Euro für Rechtsvertretung inkl. Rechtsberatung bei der VZ NRW)
  • Eine unterschriebene Unterlassungserklärung ist eine Schuldanerkenntnis! Der vom gegnerischen Anwalt vorformulierte Text ist meist weiter gefasst, als für den Sachverhalt notwendig. Das wird euer Anwalt prüfen.
  • Eine gute Zusammenfassung des Themas ist der bei Heise erschienene Artikel "Fotofallen". Eine Übersicht welche Bedingungen die 7 wichtigsten Bilddatenbanken für die Nutzung vorgeben, gibt es bei der "IT-Recht Kanzlei / München", siehe III - Punkt 1 bis 7. 
  • Der Chaos Computer Club hat einen Abmahnbeantworter entwickelt, der Euch ggf. auch weiterhilft: https://abmahnbeantworter.ccc.de/


Fazit
Ein Fotograf, der bei kostenlosen Bilddatenbanken veröffentlicht, hat für die zum Teil wirklich große Arbeit, die er sich mit den Fotos macht, nichts anderes davon als seine Namensnennung. Dieses Recht soll und darf man ihm auf keinen Fall nehmen und jeder Blogger sollte wirklich auf die Einhaltung dieser, an sich einfachen Formalie achten.

Ich bin jedoch jemand der glaubt, dass man keinen Profit aus den Fehlern anderer Menschen ziehen sollte, oder wie vermutlich ein Inder sagen würde: "Das ist wirklich schlecht fürs Karma" ;-).

Hoffnung
In den allermeisten Fällen würde ein Blogger, der von einem Fotografen angeschrieben und auf eine falsche oder fehlende Quellenangabe hingewiesen wird, diesen Fehler unverzüglich beseitigen. Wenn nicht, kann der Fotograf dann immer noch seine Rechte durch einen Anwalt einfordern.

Genau diese Vorgehen hat übrigens die kostenpflichtige Bilddatenbank www.shutterstock.com schon in den Lizenzbedingungen (siehe Punkt 33c) festgelegt und damit der Abmahnindustrie einen einfachen aber effektiven Riegel vorgeschoben. Daran sollten sich die vielen anderen Bilddatenbanken durchaus orientieren und ihre eigenen Nutzungsbedingungen entsprechend anpassen.


Weitere Artikel zum Thema Urheberrecht (im weitesten Sinne).

Bildquellenangabe:© Rainer Sturm  / pixelio.de